Prolog: Jarn Treibholz

Wie ein Pflug den Acker teilte, pflügte der Rammsporn der Galeere durch die Wellen des Südmeers.
Die Sonne stand hoch, und kein Lüftchen regte sich. Darum war es um so mehr bei den Rudersklaven das Schiff vorwärts zu bringen. Die Luft in der Ruderkammer war schwül und stickig, aber dennoch verlangten die Sklavenmeister mit dem lockeren Griff an der Peitsche den Ruderern alles ab. So mancher, der vor Müdigkeit aus dem Takt geriet, wurde mit ein paar kräftigen Peitschenhieben wieder zurück zu Bewusstsein geholt.
Die Sklaven waren allerlei buntes Volk. Nicht nur dunkelhäutige Mohas, sondern auch Mittelländer und Thorwaler waren darunter. Eigentlich alle Völker mit denen Al'Anfa verfeindet war...und die Liste war lang.
Inbegriffen waren auch Südmeer-Piraten, die sich in ihrer Beute etwas überschätzt hatten. So auch die Überlebenden der "Galgenspötter". Vor einigen Wochen wurden sie von der Al'Anfanischen Galeere aufgerieben. Die Mannschaft wurde dann in verwertbare Sklaven und wertloses Geschmeiß aufgeteilt - was ebenfalls über Leben und Tod entschied. Jarn Treibholz war einer dieser verwertbaren Sklaven. Als Mann thorwalscher Abstammung besaß er die körperlichen Voraussetzungen, die es bedarf, um ein Schiff zu rudern.
Jarns Banknachbar, ein inzwischen schmächtiger Südländer, der wohl eine recht lange Zeit auf dieser Bank saß, und mehr als nur ein paar Peitschenhiebe abbekommen hatte, wankte schwächlich vor und zurück. Seine Arme taten kaum etwas dazu, um das schwere Ruder zu bedienen. Der ganze Kraftaufwand musste hauptsächlich wohl von Jarn kommen, oder die Ungleichheit der Ruderschläge würden sicherlich auffallen.

Die Galgenspötter war gesunken. Der Kulko war tot. Der Jhabo war tot. Und vermutlich auch die Rashu und der Rasho, sowie alle anderen Mitglieder der Mannschaft. Die Galgenspötter war gesunken...

Jarns Gedanken drehten sich so müde und träge im Kreis wie die Ruder im Rumpf dieser Galeere es taten. Das eigentlich weißblonde Haar hing ihm schmutzig und verfilzt ins Gesicht, und ausser einer zerissenen Hose und einer Schicht aus Dreck, Schweiß und Blut bedeckte ihn nicht viel.

Der Angriff war überraschend und brutal gewesen. Eine vielfache Übermacht hatte die Galgenspötter binnen kürzester Zeit geentert und aufgerieben. Angeblich wurden gesunde Überlebende als Rudersklaven benutzt, aber Jarn hatte keinen seiner Waffenbrüder hier unten gesehen.

Seinen Körper spürte Jarn schon lange nicht mehr. Dumpf bewegte er das Ruder vor und zurück, sich der Peitschenstriemen auf Schultern und Rücken genauso wenig bewusst wie der aufgescheuerten Fußgelenke, die in eisernen Ringen steckten die wiederum an einer Kette festgemacht waren. Schmerz war etwas für die Lebenden. Der Kulko ist tot....

Freiheit oder Tod. Das war sein Motto. Aber er hatte nicht das Glück im Kampf zu fallen. Der Schlag auf den Kopf war mit einer stumpfen Waffe geführt worden. Die ersten Tage hatte er geplant sich selbst das Leben zu nehmen. Die eigene Zunge verschlucken, oder sich heimlich die Adern mit der rauen Kette soweit durchscheuern das er verblutete. Aber zwei Dinge hielten ihn immernoch ab. Der Kulko ist tot. Der sich ständig wiederholende Gedanke brannte sich in sein Herz und gewann immer mehr an Kraft. Bisweilen hatte er das Bedürfnis ihn laut herauszubrüllen, wie ein verletztes Tier das sich seinen natürlichen Fressfeinden stellt.

Rache. Diese feigen vergoldeten Sprottenficker würden allesamt dafür bezahlen. Notfalls würde er sie alle mit bloßen Händen ersäufen. Und die Falon. Er musste die Falon wieder zurückholen. Mit Sicherheit wurde sie irgendwo als Siegestrophäe verwahrt. Er musste...

Im sinnierenden Halbschlaf warf er einen Blick auf seinen Pritschennachbarn, der sichtlich mit dem Ruder zu kämpfen hatte. Allenfalls milde Neugierde brachte er zustande. Vielleicht könnte er leichter rudern wenn der andere einfach losließ, damit sein Gewicht ihn nicht ausbremste...

Schwere drohende Schritte gingen den Mittelgang entlang und blieben auf Höhe von Jarns Pritsche stehen.
"Werdet ihr wohl im Takt bleiben, Geschmeiß!" dröhnte die tiefe Stimme des massigen Sklavenmeisters und wenig später darauf hagelte es peitschende Hiebe auf Jarn und seinen Pritschennachbarn hinab.
Das alles war zuviel für Jarns Nachbarn. Kraftlos fiel er nach vorne aufs Ruder.
Zornig knurrte der Vorsteher und holte bereits aus, für einen saftigen Tritt in die Seite des geschundenen Mannes. "Du willst dich wohl von der Arbeit drücken!"

Prügel und Strafen waren hier das täglich Brot. Aber im Gegensatz zu Brot gab es sie bei weitem öfters. Normalerweise sah niemand auch nur auf wenn irgendwo eine Peitsche geschwungen wurde. Zuviele eigene Probleme, zuviel betäubte Gleichgültigkeit. Jarn sah selten einmal hin wenn irgendwo ein Schmerzensschrei zu hören war.

Sein Pritschengenosse würde die nächste Tracht Prügel vermutlich nicht überleben. Sein schlaffer, ausgelaugter Körper würde aus den Ketten gelöst und über Bord geworfen werden. Kurz darauf würde ein neues, trostloses Gesicht seinen Platz einnehmen. Die Plätze blieben nie lange leer. Alles würde seinen gewohnten....

Jarn zog zischend den Atem ein als er realisierte das seine vor Schmerz protestierenden Beine ihn wie von selbst hochhievten. Mit milde verwunderter Neugierde beobachtete er sich sich selber dabei wie er sich soweit es ging nach rechts warf, schützend über den halb ohnmächtigen Rudersklaven, eine Hand erhoben um den ausholenden Fuß abzublocken, die andere zur Faust geballt und in Richtung Gemächt zielend.
Was, bei Swafnirs Rückenflosse, tat er hier gerade? Ein unartikulierter Laut entrang sich seiner trockenen Kehle als er die Faust hochschnellen lies.


(Raufen: Attacke 15, Parade 11, Ausweichen 15)

Im letzten Moment warf sich Jarn schützend über seinen Ruderkameraden, so dass der Tritt des Sklaventreibers ihn selber traf, und eine gerötete Stelle auf der Haut hinterließ, wo die Sandalensohle abgeprallt war. Die Wucht des Trittes warf Jarn ein bißchen zurück, so dass sein beabsichtigter Griff in des Schinders Weichteile ins Leere ging.
Doch der fette, vor Schweiß glitzernde Sklaventreiber hatte Jarn Absichten durchschaut. "Du dreckige Made wagst es die Hand gegen mich zu erheben?" seine tiefe Stimme klang schon beinahe überrascht und ungläubig, seine Hand wanderte dennoch zum Griff des Sklaventöters (Säbel südlicher Machart), der an seinem Gürtel hing.

"Friss Basha-Scheiße, Du dreckiger Haufen Fischgedärme", hustete Jarn trotzig, während er sich kurz die getroffene Stelle hielt und seinen Peiniger zornig anfunkelte. "Du wirst ersaufen wie ein Stein mit Lungen, du Abschaum. Efferd haßt Feiglinge!" Den letzten Satz sagte er mit fast liebevoller Genugtuung, ein leichtes Lächeln auf den ausgetrockneten und gesprungenen Lippen.

Ein Zurück gab es schon lange nicht mehr. Freiheit oder Tod, dachte er grimmig, den Blick kurz zum Sklaventod schweifend.

Die Augen des Sklaventreibers verformten sich zu engen Schlitzen. Eigentlich war es verboten gesunde Sklaven zu töten, aber diesen kleinen Ausrutscher würde er dem Kapitän gegenüber schon entschuldigen können.
"Dir werde ich lehren...." mit einem vorfreudigen Grinsen zog er den Sklaventod aus der Schärpe. Die Hälfte der Klinge war noch nicht frei, da brach an Deck lauter Tumult aus. Befehle wurden geschrieen und eilige Schritte liefen auf den Planken hin und her.
Vom Krach abgelenkt hielt der fette Sklaventreiber in der Bewegung inne und schaute verwundert hinauf, als könne er durch die Holzplanken hindurch sehen...

"Schau mich an wenn ich mit Dir rede, Du Riesenqualle!"

Der Tumult an Deck war uninteressant. Hier und jetzt war entscheidend.

Mit einem zornigen Aufschrei warf sich Jarn noch einmal nach vorne, mit einer Hand nach dem Schwertarm greifend um das Ziehen der Waffe zu vereiteln, mit dem anderen Arm wild um sich schlagend.


(Raufen)

Der Sklaventreiber vom Tumult abgelenkt, erkannte Jarns Angriff zu spät. Eine kräftige Hand legte sich um sein Handgelenk und verhinderte das Ziehen der Waffe.
Ein paar wilde Hiebe vom Sklaven ausgehend trafen seinen massigen Körper. Fluchend versuchte er den aufwiegelnden Sklaven von sich weg zu schupsen, um sich Platz zu verschaffen.

Jarns Kampfgeist war geweckt. Nicht mehr locker lassend, wie ein Seewolf, hielt er den Schwertarm weiter fest während er mit dem anderen Arm auf den fetten Kerl eindrosch der ihm die letzten Tage immer wieder den Rücken blutig geschlagen hatte. Die Narben würden nie wieder weggehen. Aber das war in Ordnung. Solange er nur einige seiner Peiniger umbringen konnte.

Mit wachsender Wut schlug er weiter auf den überrumpelten Schinder ein.

Wie wild prügelte dieser Sklave weiter auf den Skalventreiber ein, aber es half nichts. Entweder war Jarn noch zu sehr geschwächt, oder der Schinder einfach zu fett...oder beides.
An Deck unterdessen war Kampflärm ausgebrochen. Klingen prallten gegeneinander, Schmerzens- und Todesschreie ertönten. Es war im wirren Gebrüll unklar auszumachen, was die Besatzung der Galleere angriff.
In der Ruderkammer aber tobte eine eigene Schlacht. Einige Sklaven wurden von Jarn Kampfeswillen so sehr angestachelt, dass sie sich gegen die Ketten warfen und den todesmutigen Nordmann anfeuerten. Andere aber, deren Kettenreichweite es zuließ, kamen ihm zur Hilfe. Zu zweit packten zwei den fetten Aufseher bei den Beinen und zogen diese nach hinten weg. Mit einem lauten Klatschen landete der massige Körper auf die Planken.

Halb mitgerissen stürzte der junge Pirat vornüber, soweit seine Ketten es erlaubten. Während der umgeworfene Peiniger auf dem Rücken zappelte versuchte er mit seinen Händen zu der immernoch gegürteten Waffe zu greifen während er gleichzeitig nach dem alten Stahlring mit den Kettenschlüsseln Ausschau hielt. Ein toter Sklaventreiber würde den Ruderern nicht viel bringen wenn sie weiterhin angekettet blieben.

Muschelpisse, wo sind die verdammten Schlüssel?!

Eine der Ketten landete um den Hals des Sklaventreibers. Der kräftige Sklave ließ seine ganzen aufgestauten Hass und Schinderei raus, während dem fetten Sklaventreiber die weit aufgerissenen Augen aus dem Kopf quollen, als er langsam erstickte.
Unter der Fettschwart an der Hüfte blitzte etwas metallenes auf.
Die restlichen Sklaven jubelten laut, als das Leben den fetten Schinder verließ, dennoch blickten viele immer wieder ängstlich den Gang entlang. Normalerweise wäre längst ein weiterer Sklaventreiber zur Hilfe geeilt, aber die Schlacht an Deck, nahm wohl jeden Mann in Beschlag.

Jarn griff sich den erspähten schweren Schlüssel und machte sich an die Kettenschlösser. Nicht nur seines, sondern alle wollte er aufschließen, und wenn der Schlüssel herumgereicht werden würde hätte es eventuell zu Reibereien kommen können. Indem er sich um alle Schlösser kümmerte und das auch laut kundtat, vereinte er gleichzeitig die hier versammelten Sklaven moralisch unter einem Banner.

Jetzt blieb nur noch, zu erleben ob auf Deck gerade nur die Hand gewechselt wurde die die Peitsche hielt, oder ob hier tatsächlich so etwas wie Rettung in Sicht war. Ein seltsamer Gedanke, ein Pirat der gerettet werden musste. Nun, notfalls würde er den ganzen Weg zurück bis zu seiner kleinen Küstenhütte aus Treibholz, Diebesgut und Seetang schwimmen. Nicht noch einmal in Ketten.

Freiheit oder Tod.

Quietschend öffneten sich nach und nach die schweren Fesseln der Sklaven. Ein Drängeln und Schubsen blieb weitgehend aus, da man an seinen Ruderplatz gefesselt war, und Jarn die Ruderplätze entlang gehen musst, um alle Sklaven zu befreien. Flehend hielten sie dem Retter die Ketten entgegen und schrien nach Aufmerksamtkeit.
Bereits einer der ersten befreiten Sklaven hatte sich den Säbel des erwürgten Sklaventreibers geschnappt, der Rest an kampffähigen Männern und Frauen improvisierte sich Waffen mit abgeschlagenen Rudern, Ketten, und zerbrochenen Tonflaschen.
Jarn hatte inzwischen gut zwanzig von den etwa vierzig Sklaven befreit, als sich etwas vom Kampfgetümmel an Deck nach unten verlagerte. Einer der Sklaventreiber floh mit gezogener Waffe in die Kammer, und riss erschrocken die Augen auf, als er die Hälfte der Sklaven ohne Fesseln und zum Teil bewaffnet vorfand. Sein Kamerad folgte ihm fechtend rückwärts in die Kammer hinein.

Jarn hob die Faust gen Himmel und schrie:" Freiheit oder Tod!"

Während des nachfolgenden Getümmels würde er schnell die restlichen Fesseln lösen und ebenfalls nach einer kleinen Waffe suchen. Wenn die Angreifer nicht ebenfalls Sklavenhändler, oder schlimmer: Mittelreich-Soldaten, waren, gab es eine reelle Chance hier mit heiler Haut herauszukommen.

Aber erst musste er noch in die Kajüte des hiesigen Kulko.... Kapitän nannte man das wohl hier.

Überfordert blickte sich der Sklavenschinder um. Wie ein in die enge getriebenes Tier ging er mit erhobenem Säbel rückwärts, bis er gegen die Wand stieß.
Langsam näherten sich die provisorisch bewaffneten Sklaven, vorsichtig darauf achtend nicht den ersten Säbelhieb abzukriegen.
Plötzlich fiel der andere kämpfende Sklavenmeister rücklings in die Kammer hinein. Eine klaffende Wunde prankte auf seiner Brust. Diese Ablenkung hatten drei der Sklaven genutzt um rasch den anderen Schinder zu überwältigen. Einer der Sklaven warf sich an den Waffenarm des überforderten Wachmanns, während die anderen mit Knüppeln auf ihn einprügelten.
Die übrigen Sklaven wendeten sich dem Aufgang zu und sahen angespannt zu, wer denn nun den rettenden Angriff einleitete.
Dies gab Jarn genügend Zeit die Fesseln aufzuschließen.

An Deck ließ der Kampflärm unterdessen nicht nach. Immer mehr Todesschreie mischte sich nun in den Lärm mit hinein.

Unter Deck schälte sich nun eine große Gestalt durch das Zwielicht der stickigen Ruderkammer. Eine blonde Hünin trat mit schweren Schritten ein. In der Faust hielt sie eine doppelblättrige Axt, die vom Blut des erschlagenen Wächters rötlich glänzte. Langsam blickte sie sich unter den Anwesenden um, während diese zögerlich nach hinten wichen.

Entschlossen schob Jarn sich zwischen seinen Leidensgenossen hindurch nach vorne, darauf bedacht seinen geschundenen Rücken nicht überall anecken zu lassen. Breitbeinig baute er sich vor der Frau mit seinen immerhin 98 Fingern Größe auf und schnarrte in zerkauderwelschtem thorwalsch:

"Mittelreich, Sklavenhändler oder Pirat?"

Andere Parteien hatte er auf seiner noch recht kurzen Reise nicht kennengelernt, geschweige denn in diesen Gewässern vermutet. Wobei 'diese Gewässer' fragwürdig war, immerhin war er einige Tage unter Deck gewesen, ohne die Möglichkeit der Orientierung.

Nichtsdestotrotz würde er hier nicht klein beigeben. Noch war die Frau alleine. Sie konnten sie überwältigen und den Kampf oben abwarten. Dem Lärm nach zu urteilen mussten beide Seiten mit Verlusten rechnen.

Grimmig entschlossen wartete er auf die Antwort oder eine feindliche Handlung der Frau.

"Thorwaler" antwortete die blonde Hünin knapp, nachdem sie den strengen Blick auf den Wortführer geheftet hatte. Scheinbar log sie nicht. Ihre Größe, die einige Finger mehr betrug als Jarns, die kräftigen Oberarme, die mehrere Tätowierungen aufwiesen, die zwei dicke blonde Zöpfe, die ihr auf die Schultern fielen, und die eingedrückte Nase zusammen mit einigen anderen Kampfnarben zeichneten sie in der Tat als eine echte Thorwalerin aus.
Nicht zu vergessen die typisch thorwalsche blutverschmierte Skraja, die nun einen langsam Bogen um die freigelassenen Sklaven machte. "Wie ich sehe, habt ihr unseren Angriff genutzt und euch von den Ketten befreit." ein anerkennendes Schmunzeln huschte über ihre Gesichtszüge.
"Wer sich beeilt, kann noch einige Al'Anfaner Schädel spalten, oben an Deck tobt eine Schlacht!" Ihr Blick huschte über die Menge und legte sich wieder auf den Wortführer.

Schweigend sah er in die Gesichter der anderen Rudersklaven. Ob die Thorwalerin sie nun als zusätzliche Rekruten oder als Kanonenfutter ansah, die Seite war bestimmt immernoch besser als die bisherigen Knechter. Nach dem Kampf konnte man immernoch weitersehen. Und er musste die Falon wiederbeschaffen.

Er hob entschlossen beide Fäuste über den Kopf und brüllte aus voller Kehle.

Zahlreiche Sklaven stimmten ins Brüllen mit ein und zum Ausgang, wovor die Thorwalerin rasch einen Schritt bei Seite ging. Obwohl sie selbst groß und kräftig war, wollte sie nicht dem entfesselten Zorn von 30 Rudersklaven im Weg sein.
Dennoch blieb ihr Blick hauptsächlich bei Jarn haften.

Jarn schwemmte mit der Masse vorwärts und die Treppe hinauf, brüllend und angestachelt durch das Gruppengefühl. Er würde Fischfutter aus jedem Sklavenhändler machen! Er würde sich bis zur Kajüte durchprügeln und die Falon holen! Er würde...

Zusammen mit den anderen brach er förmlich durch die Öffnung aufs Deck.

An Deck war das Chaos gewaltig. Überall waren Kämpfe zwischen Nordmännern und Al'Anfanischen Matrosen zu Gange. Vereinzelt waren auch einige Brände ausgebrochen oder von den wütenden Thorwalern gelegt worden. "Nieder mit dem Sklavenschiff!" hallten die akzentgeschwängerten Schreie der Thorwaler durch den Kampflärm, dicht gefolgt von mehreren "Das Wohl!"
Die Nordmänner waren in der Übermacht, das konnte man deutlich an der rasch anwachsenden Zahl der Südländer-Leichen erkennen.

Die befreiten Sklaven stürmten mit Jarn aufs Deck. Viele griffen sich sofort Waffen von gefallenen Kämpfern und stürmten sogleich auf die verhassten Peiniger zu. Andere ließen es sich aber nicht nehmen, sich mit bloßen Händen über die Al'Anfaner herzufallen.

Der Kapitän des Schiffes war für Jarn nirgends zu erblicken. Die Wachen, welche die Offiziersunterkünfte bewachten, waren gerade im Gefecht verwickelt.
Es wäre möglich an ihrem Rücken vorbei zu schleichen, oder in diesen eine Klinge zu jagen. Ein Säbel, ein Dolch oder eine kleine Einhandaxt lagen auf dem Weg zu den Unterkünften unweit eines kürzlich gefallenen Kämpfers. Es wäre möglich sich eine dieser Waffen zu schnappen.

Mit einem Dolch am vertrautesten, griff er sich einen solchen und rannte in gebückter Haltung in einer leichten Kurve über das Deck, Kämpfe soweit es ging vermeidend und den Bereich hinter den beiden Wachen als Ziel.

Ohne viel Aufmerksamkeit zu erregen schaffte es Jarn bis zu den Kajüten zu kommen. Die Wachen waren in Kämpfen um Leden und Tod mit kräftigen thorwaler Piraten verwickelt und nahmen Jarn in ihrem Rücken nicht wahr.
Die Tür war unverschlossen und führte in einen Gang, von wo mehrere Kajütentüren abzweigten und an dessen üblicherweise die Kapitänskajüte sitzen musste. Der Korridor schien verweist, denn alle Offiziere mussten wohl im Gefecht an Deck verwickelt sein.