Auftakt in Thorwal

Gesagt, getan. Jarn warf sein Bündel in die Truhe, band ein altes Halstuch um den Kopf einer Hängematte als Besitzmarkierung und machte sich zügigen Schrittes daran beim verladen zu helfen. Man konnte sich auch während der Arbeit mit seiner neuen Familie bekannt machen, und erstmal musste man seine Tüchtigkeit unter Beweis stellen.
Allerdings war es etwas ärgerlich, immerhin hatte er sich gerade erst auf einem Schiff soweit nach oben gearbeitet das er auch mal wen rumschubsen konnte, und jetzt musste er wieder von vorne anfangen. Machste nichts, in die Hände gespuckt und Flagge gezeigt. Ein Treibholz bleibt nunmal nicht auf einer Stelle.

Den restlichen Tag war noch harte Arbeit angesagt. Waren verladen, Segel prüfen und instand setzen, der Rest des Schiffes erforderte ebenfalls noch kleine Ausbesserungen.
Darum war es auch kein Wunder, dass alle ohne große Umschweife auf die Kabinen verschwunden sind, um dort den langersehnten Schlaf zu bekommen.
Der nächste Tag war auch nicht anders. Es galt noch einige Restarbeiten zu verrichten, was den ganzen Tag in Anspruch nahm. Morgen zum Morgengrauen aber sollte die Seespinne endlich auslaufen. Wohin? Das wurde nicht bekannt gegeben, aber alleine die Aussicht endlich gegen die Horasier zu ziehen, erfüllte die Männer und Frauen mit einer angespannten Vorfreude.
Der Kapitän spendiert zwei Fässchen Premer Feuer und gibt der Mannschaft für den Rest des Abends frei.

Fast die gesamte Mannschaft saß derzeit an Deck und feierte ausgelassen den baldigen Beginn der Reise. Es wurden Lieder geschmettert, Sagen erzählt, Wettspielchen veranstaltet und natürlich ordentlich getrunken.
Asleif saß mit einigen anderen Leuten zusammen und war gerade offensichtlich tief in einer Imanspiel Debatte verstrickt. Lautstark berichtete er von dem letzten Spiel Ifirnsfaust Skjolden, dass von den Toren her nur knapp gegen den Widersacher gewonnen hatte. Diese Berichterstattung erschien mehr oder minder unnötig, da offensichtlich die meißten der Zuhörer das Spiel selber gesehen, wenn nicht sogar selbst mitgespielt hatten.

Helena wartete bis Asleif seine Erzählung abgeschlossen hatte und sprach ihn dann in einem ruhigeren Moment an: "Asleif, hättest du gleich kurz Zeit für mich? Es geht um den Bootssegen für morgen, ich wollte den kurz mit dir durchsprechen. Wenns gerade nicht passt, sag einfach später bescheid wenn du Zeit hast."

Asleif brauchte ein zwei Augenblicke, bis ihm bewusst wurde, worum es ging. Scheinbar hatte er dem Premer Feuer schon gut zugesprochen. Verstehend nickend stimmte er Helena zu. "Verflucht noch eins! Der Bootssegen...sicher sicher. Können wir morgen machen, jetzt bin ich schon am Feiern und so..." der große Diar stieß Helena freundlich gemeint, aber dennoch recht ruppig gegen die Schulter.
"Wasn mit dir? Willse dich nich mal setzn und einen mittrinkn?"

"Sicher doch, dann reicht mal rüber. Nutzen wir die Zeit die uns noch zum feiern bleibt." Helena setzte sich zu den anderen, nahm einen Schluck und genoss die würzige Schärfe des Alkohols. Sie beteiligte sich an der Debatte über Iman und genoss die ausgelassene Stimmung. Asleif hatte recht, mit dem Bootssegen konnte man sich morgen noch beschäftigen.

Als Tjalva zu den Feiernden stieß hielt sie Ausschau nach dem Gladmader dem sie zur Seite stehen sollte. Sie war echt gespannt auf den schweigsamen Magier und begierig darauf ihn in Aktion zu sehen.

Sie hielt einen Humpen Met in der Hand und lehnte sich an die Reling, dabei beobachtete sie die Mannschaft genau die sich an Deck befand und versuchte den Gladmader unter ihnen auszumachen. Vielleicht würde sie ihn ja von alleine erkennen, wenn nicht konnte sie sich immer noch bis zu ihm durchfragen.

Asleif trank einen großen Schluck und reichte den wandernden Schnapsbecher weiter. Der Mann neben ihm, der in der Unterhaltung Janus genannt wurde, nahm den Becher dankend an. Dieser trank ebenfalls einen kräftigen Schluck und schaute dann fragend in die Runde. "Wisst ihr denn eigentlich, was nun das Ziel dieser Fahrt ist?"
"Ich hab ja gehört, wir wollen die Gefangenen aus Grangor raushauen." erwiderte Wilje, die ebenfalls in der Runde saß.
"Nene, die sagen es geht zu den Zyklopeninseln. Die Zyklopäer versuchen schon seit Jahren das Joch der Puderköppe abzuschütteln. Da muss mal jemand kommen und den Anfang machen!" mischte sich ein anderer mit ein.
"So ein Hirsedreck! Den Fluss hinauf gehts, direkt ins Herz dieses stinkenden Reiches werden wir vorstoßen. Das wohl!" hörte man jemand anderes mitreden.
Asleif saß während der Debatte schweigend da, und blickte nur zwischen den Anwesenden langsam hin und her.

Während die Debatte in vollem Gange war, konnte Tjalva am Bug des Schiffes eine Gestalt ausmachen. Sie stand abseits der Feierlichkeit stumm da und betrachtete die Stadt in der Abendsonne. Von hinten konnte sie nur erahnen, dass es sich um einen Mann handelte. Die Runenstickereien auf seinem Umhang und der Stab auf dem er sich abstützte, verrieten allerdings, dass es sich wohlmöglich um den Mann handelte, nachdem Tjalva gesucht hatte.

Als sie ihn erblickte fragte sie sich wie sie ihn hatte übersehen können? Er schien sich so deutlich von dem Rest der Mannschaft abzuheben das sie sich schon fast unpassend gekleidet fand. Sie war aber nicht an die langen Roben gewöhnt und fand sie eher hinderlich als nützlich auf einem Schiff. Nein, sie würde weiter ihre praktische Kleidung tragen.

Sie atmete einmal tief ein, sprach sich Mut zu und stieß sich von der Reling ab. Langsam ging sie zu diesem, für sie, erfuhrtsvollen Mann und blieb zwei Schritte schräg hinter ihm stehen.

Sie sprach ihn mit nicht allzu lauter Stimme an "Entschuldigt die Störung. Ich wollte bei Euch vorstellig werden bevor das Schiff morgen Fahrt aufnimmt. Ich bin Tjalva Korinsdotter, zweite Gladmader an Bord." Sie blickte erwartungsvoll auf den Rücken des Mannes.

Auch Helena hatte Feuer gefangen sich an der Debatte zu beteiligen. Als der Krug bei ihr ankam nahm Sie noch einen großen Schluck, ließ das Gebräu die Kehle benetzen und spekulierte: "Das muss schon was größeres sein, wenn wir uns mit ner Ganzen Flotte zusammen tun, bestimmt sollen die Horaier ein für alle mal begreifen, dass wir die Herren der See sind. Bestimmt soll der Kriegshafen Grangor dem Erdboden gleichgemacht werden. Zahlen wir Ihnen den Überfall auf Thorwal mit gleicher Münze zurück." Helena tat erneut einen tiefen Schluck. "Das wird sicher die erste große Schlacht des vereinten Thorwal. Es wird Zeit das wir als Einheit zusammen stehen und unsere Feinde am höchsten Mast aufknüpfen." Beim letzten Satz stand Helena auf, erhob den Krug und rief laut: "Hoch lebe Thorwal, nieder mit den elenden Gockeln!"

Der Mann drehte sich überrascht zu Tjalva, als er aus seiner Ruhe gerissen wurde. Der für einen Thorwaler recht kleine Mann (9 Spann), braucht einige Augenblicke um Tjalva endlich zu antworten.
"Guten Abend Tjalva Korinsdotter. Ich bin Hendrag Volgrasson, ebenfalls Gladmader aus Olport." er nickte freundlich und betrachtete Tjalva aufmerksam.
"Du scheinst recht jung." sagte Hendrag, welcher selber gerade erst Ende 20 zu sein schien.

Ehrfürchtig blickten die Anwesenden zu Helena auf, als diese sich erhob und eine zünftige Rede hielt.
"Das wohl!" ertönten Rufe um sie herum und die Leute stießen ihre Becher und Trinkschläuche jubelnd in die Höhe.
Asleif hatte die Rede mit anerkennendem Lächeln angesehen und stimmte ebenfalls in die zustimmenden Jubelrufe mit ein.

Tjalva lächelte ihn strahlend an, er war ihr auf den ersten Blick sympatisch, das war viel wert.

"Wohl wahr, Hendrag Volgrasson, ich bin noch jung. Solange liegen die Jahre in Olport noch nicht zurück. Wohl verdanke ich das aber auch dem elfischen Blute meiner Mutter, dessen Erbe in mir steckt." Sie blickte stolz zu dem, selber nicht sehr alten, Magier.

Hendrag nickte bei Tjalvas Erzählung verstehend und wendete sich wieder dem Horizont zu.
Es dauerte einige Augenblicke, bis er wieder das Wort erhob. "Was führt dich auf diese Mission?" fragte er, wobei er weiterhin auf den Sonnenuntergang blickte.

Sie folgte dem weitschweifendem Blick von Hendrag. Ruhe breitete sich in ihr aus, aus dieser Ruhe heraus sprach sie mit gesenkter Stimme. "Ich bin auf dieser Mission weil der Skolaforradandi und auch Hetmann meiner Ottaskin so viel Vertrauen in mich hat das er mich für fähig genug hält diese Mannschaft zu begleiten. Ich denke aber auch das ich hier bin um noch viele DInge zu lernen. Ich werde Halrundir nicht enttäuschen, ich werde hier mein Bestes geben."

Sie atmete tief die frische, salzige Abendluft ein und lächelte sanft. Doch, genau das würde sie tun.

Der Jubel und die zustimmenden Rufe schmeichelten Helena und sie fuhr fort: "Schlagen wir den Puderquasten ihre Hälse von ihrem schlacksigen Leib. Die werden uns noch kennenlernen. Wer es wagt sich die Thorwaler zum Feind zu machen hat nicht mehr viel zu lachen." Helena blickte in die Runde, blieb bei Asleif kurz hängen und als sie sein zustimmendes Nicken sah machte sie weiter: "Zeigen wir denen mal wie lächerlich ihr Kriegshafen wirkt wenn eine Flotte Thorwaler Langschiffe einfährt."
Beim letzten Satz setzte Helena sich wieder hin. Sie nahm noch einen letzten Schluck Premer Feuer. Leiser fuhr sie fort: "Und rächen wir die vielen getöteten Frauen, Männer und kleinen Kinder. Nie werde ich die Schreie der kleinen Kinder vergessen. Bluten sollen sie für das was sie getan haben." Bei diesen letzten Worten sank Helena immer mehr in sich zusammen. Ihre anfängliche Wut und ihr Entusiasmus gingen in Schmerz und Trauer über. Wie konnte man nur so Krieg führen, mit Hinterlist und übelen Tricks. Diese elenden Schweine, ein Kampf sollte Mann gegen Mann ausgefochten werden, nicht mich alchemistischem Firlefanz. Helena brauchte Ruhe, sie wollte alleine sein.
Sie stand auf, nickte den einzelnen aus der Runde zu und ging hinüber zur Reling. Sie suchte sich einen einsamen Platz, lehnte sich auf, blickte zur Stadt hinüber und holte das Medallion mit dem Bild ihrer kleinen Schwester hervor. "Ich werde dich rächen, Elena. Das werden sie mir bezahlen," sprach sie leise vor sich hin. Tränen rangen über ihre Wangen.

Hendrag nickte verstehend und schwieg dann anschließend wieder.
Im Hintergrund konnte man Helenas laute Ansprache hören und die darauf folgenden Jubelrufe.
"Er ist ein guter Mann." sagte Hendrag irgendwann, wandte den Blick vom Horizont aber nicht ab.

"Alles in Ordnung?" ertönte bald eine Stimme neben Helena. Ein Mann hatte sich ihr genähert. Er wurde ihr vorgestern als Lars Vanjason vorgestellt worden, der Heilari. "Soll ich dich lieber alleine lassen?" erkundigte er sich mit einem aufmunterndem Lächeln auf den Lippen.

Tjalva seufzte in Gedanken an Zuhause, was sie wohl grade machten? Schnell schob sie die Gedanken beiseite, sie wollte das Abenteuer ja.

"Ja, das ist er." Sie lächelte in sich hinein, ein Mann vieler Worte war er nicht. "Ich ziehe mich zurück und wünsche Euch noch einen angenehmen Abend."

Sie neigte kurz zu Verabschiedung ihren Kopf und schlenderte dann Richtung der Feiernden und füllte ihren Met auf.

Helena zuckte kurz und fast unmerklich zusammen, wischte sich die Tränen von der Wange und schaute in die Richtung aus der sie angesprochen worden war: "Was, nein, schon gut, alles in Ordnung. Mir sind nur gerade wieder die schlimmen Tagen durch den Kopf gegangen." Dabei drehte sie ihren Blick wieder Richtung der Stadt.
"Mittlerweile ist schon einiges wieder im Aufbau, aber die Verlorenen kehren nicht wieder. Gut das Swafnir von nun an über sie wachen wird."

Danach straffte Helena sich wieder, drehte sich zu dem Thorwaler um und sagte: "Ihre seit doch der Heilari, Lars Vanjason, oder? Euch muss ich wohl nichts von den schlimmen Dingen erzählen, ihr wart ja sicher mitten drin."

Lars schüttelte den Kopf und ließ sich neben Helena nieder. "Nein, ich bin nicht aus Thorwal. Ich komme aus Kendrar, wurden von dort aber vertrieben, als der Feldzug der Horasier begann. Dennoch habe ich schon soviel Grausamkeiten gesehen, dass es für ein Leben nicht reicht."
Der Thorwaler seufzte schwer, zuckte aber schließlich mit den Schultern und stieß Helena an der Schulter an. "Aber das ist ja nicht der Abend um Trübsahl zu blasen, oder?"
Lars stand wieder auf und hielt Helena die Rechte hin.

"Da hast du recht", erwiederte Helena, straffte sich und schlug in die dargebotene Hand ein. "Lass uns mal zu den anderen rüber gehen und feiern. Trinken wir uns einen."

Nachdem Janda geholfen hatte die restliche Ladung an Deck zu schleppen, genehmigte sie sich am Abend vor der der Feier noch ein entspannendes Schwitzbad im nahegelegenen Badehaus. Sichtlich erfrischt, mit noch feuchten Haaren kam sie etwas verspätet an Deck, wo der Rest der Mannschaft schon am feiern war. Janda grinste breit und steuerte zielstrebig auf einige Männer und Frauen zu, die um eine niedrige Kiste hockten und dem Würfelspiel frönten. Auf dem Weg dorthin, machte sie noch kurz beim Metfass halt und nahm sich einen Humpen mit.

"He da..sagt ist noch ein Platz frei für jemanden der euch mal zeigen will, wie man richtig würfelt." rief sie den Anwesenden verschmitzt entgegen "Janda Nellkirsdottir mein Name, wohlbekannte und gefürchtete Würfelmeisterin in Prem"

Die Mannschaft feiert noch einige Stunden ausgelassen, bis der Kapitän die Nachtruhe einläutet. Zwei Matrosen aus der ursprünglichen Mannschaft werden als Nachtwachen aufgestellt.
Der Rest begibt sich in die Unterkünfte, um noch einige Stunden Schlaf zu finden, bevor die Seespinne am Morgengrauen ausläuft.
Erschöpft und müde fallt ihr in eure Hängematten, und es dauert nicht lange, bis der Schlaf euch einholt...