„Nehmen Sie davon bitte Morgens, Mittags und Abends jeweils nach den Mahlzeiten eine. Nächste Woche Donnerstag schauen Sie dann bitte zur Nachuntersuchung bei uns vorbei, ich fülle eben Ihren Schein aus.“
Höflich nickend nahm er Rezept, Terminzettel und die Quittung für die Quartalsgebühr entgegen und verabschiedete sich.
Auf dem Weg zur Apotheke ging er noch kurz am nahe gelegenen Kiosk vorbei um sich einen Kaffee und ein belegtes Brötchen mitzunehmen. Er war nicht zum frühstücken gekommen so früh war sein Arzttermin gewesen.
Die kleine Maus aus der Apotheke brachte ihm höflich eine größere weiße Schachtel mit dem Schriftzug „Trevilor retard“. Er bedankte sich und schlenderte zur nächsten Bushaltestelle. Er wusste genau das die Mädels in der Apotheke jetzt erst einmal tuscheln würden, immerhin kannten sie ihre Mittelchen ganz genau.
Trevilor schien aber dennoch genau die Antwort auf seine Probleme zu sein. Im Bus las er sich die Packungsbeilage genau durch.
Hauptsächlich wurde dieses Medikament bei Depressionen und Angstzuständen eingesetzt, aber auch bei einer Vielzahl anderer psychologischer Erkrankungen. Mit etwas Glück könnte er mal wieder ein paar Nächte normal durchschlafen, frei von Alb-träumen, Schweißausbrüchen und den vielen kleinen Verletzungen die er sich selbst im Schlaf beibrachte.
Der restliche Tag verging normal. Die Arbeit war ereignislos, und die erste Tablette nahm er brav bereits in der Mittagspause zu seinen zwei Broten ein. Gegen 16 Uhr (er arbeitete eine Stunde länger um die Verspätung durch den Arzttermin wieder auszugleichen) fuhr er mit dem nächsten Bus nach Hause um sich lustlos ein wenig vor den Computer zu lümmeln und ein Mikrowellengericht zu essen. Insgeheim wusste er das sein Leben total öde war, und vielleicht sehnte er sich ein wenig nach Abwechslung, aber es fehlte einfach an Energie. Wenn mal was passierte, dann anscheinend immer schlechte Dinge, wie der Autounfall seiner Mutter vor drei Monaten, oder diese seltsamen Kopfschmerzen und Albträume die er letzte Zeit hatte. Jedenfalls gab es gegen zweiteres anscheinend Tabletten. Selbige nahm er auch kurz vor dem zu Bett gehen noch und versuchte dann zu den Klängen von „Poets of the Fall“ einzuschlafen.
Während er sich unruhig von einer Seite auf die andere wälzte entging ihm die Anwesenheit einer bleichen Gestalt vor dem Fenster, die ihr verzerrtes Gesicht fast an das Glas presste.
Und das schon zwei Monate lang.